Spermidin
Hans Christian Hinne, Heilpraktiker
Ein lange bekannter biologisch-aktiver Stoff erhält aktuell viel Aufmerksamkeit. Es steckt viel Potential zur Zellgesundheit darin. Gleichzeitig werden kritische Stimmen lauter.
Der Zellstoffwechsel ist sehr komplex. Durch den genetischen Code, der im Zellkern „gespeichert“ ist, ist die Zelle in der Lage, v.a. Proteine aus Aminosäuren aufzubauen. Letzteres geschieht in den Ribosomen – diese zählen zu den Zellorganellen, also kleinsten „Zellorganen“. Zu den hierfür benötigten Bausteinen gehört Methionin, eine sogenannte essentielle Aminosäure, welche nicht vom Körper hergstellt, sondern über die Nahrung aufgenommen werden muß (– kommt in den Zellen aller Lebewesen vor).

Um zellinterne Prozesse und letztlich auch den Zellkern stabil zu halten, findet man an den entsprechenden Stellen biogene Polyamine wie Spermidin als Zwischenprodukt von Spermin. 1870 isolierte Philipp Schreiner Spermin aus Sperma und bereits 1677 erwähnte Antoni van Leeuwenhoek erstmals das Vorkommen von Kristallen in Sperma und anderen Körperflüssigkeiten des Menschen.
1 Der charakteristische Geruch und Geschmack von Sperma
2 läßt sich auf diese Polyamine zurückführen.
Die Zellen bauen aus der Aminosäure Methionin Spermidin und letztlich Spermin, um die genetische Sequenz besonders in den Spermien zu stabilisieren. Neuere Forschung hat gezeigt, daß Spermidin in allen Körperzellen vorkommt und besonders bei gesteigertem Stoffwechsel erhöht ist. Umgekehrt sinkt aber auch die Konzentration bei langsamerem Stoffwechsel, wie es im Alter der Fall ist. Daher wird
Spermin in der Kosmetik in Anti-Aging-Produkten zur Faltenreduktion zugesetzt.
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Natürliche Umstände, die den Spermidinwert steigen lassen, sind Wachstum, Schwangerschaft, Reparatur von Muskelzellen nach starker sportlicher Anstrengung sowie Regenerierung der roten Blutkörperchen nach Blutverlust bzw. -armut oder nach längeren Höhenaufenthalten. Diverse Krankheiten werden ebenfalls durch erhöhte Spermidinwerte signalisiert, z. B. chronische Entzündungen der Gelenke („Rheuma“), der Leber (Hepatitis), des Darmes (Colitis) und der Haut (Ekzeme, Psoriasis).
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Ein weiterer wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit Spermidin ist die sogenannte Autophagie. Mit dem medizinischen Kunstwort aus dem Altgriechischen ist quasi eine „Selbstverdauung“ gemeint. Bei den ständig ablaufenden Zellprozessen werden dadurch Zellorganellen, Proteine und Lipide zerlegt und für die energiesparende Wiederaufbereitung zur Verfügung gestellt. Während der Körper fastet, also die externe Nahrungszufuhr stark reduziert ist, können so u.a. Aminosäuren wieder bereitgestellt werden. Möglicherweise ist hier ein Erklärungsansatz bei der sogenannten „Lichtnahrung“ zu suchen?
5 Ein ähnlicher Zustand kommt in anderen Streßmomenten zum Tragen, z.B. einer Infektion.
Wiederum umgekehrt verhält es sich im Alter, wenn eben die Autophagie abnimmt. So ist auch bekannt, daß dies mit der Metastasierung von Tumoren korreliert.
6 Weitere Studien zu schwerwiegenden Erkrankungen liegen ebenfalls vor.
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Auffallend ist, daß die „Verbraucherzentrale“ unter dem Titel „Jungbleiben mit Spermidin?“
8 einen eher dementierenden Artikel veröffentlicht hat. Dort heißt es z.B.: „Eine im April 2023 veröffentlichte Humanstudie [...] konnte zeigen, daß Spermidin vor Eintritt in den Blutkreislauf zu Spermin umgewandelt wird. Das bestätigte die Vermutung, daß biogene Polyamine im Verdauungstrakt zum größten Teil abgebaut werden.“ Derart polarisierende Veröffentlichungen sind ja aktuell keine Seltenheit. Da es mehrere (Pro- und Kontra-) Studien dazu gibt, sei jeder wiederum seiner Eigenverantwortung erinnert und kann sich eingehend belesen, bevor ein Produkt konsumiert wird.
Mit etwa 2-12mg ist die übliche Tagesdosis gering und durch Nahrungsergänzungskapseln gut einzunehmen. Viele dieser Produkte bringen dazu eine sinnvolle Zusammensetzung aus Vitaminen und Spurenelementen mit, die z.B. zur Stärkung des Immunsystems abgestimmt sind.
1 https://de.wikipedia.org/wiki/Spermin
2 Nur 0,5% der 2-6ml Ejakulat sind Spermien. Neben einigen zellulären und hormonellen Bestandteilen sind auch Fruktose, Natrium, Kalium, Zink, Magnesium, Calcium, Citrationen, Phosphationen und Wasser enthalten.
3 Patent WO2005013932
4 https://de.wikipedia.org/wiki/Spermidin
5 siehe u.a. Film von P. A. Straubinger „AM ANFANG WAR DAS LICHT“; Auf der Basis von unzweifelhaften Erlebnisberichten, ausführlichen Interviews und wissenschaftlich protokollierten Laborexperimenten erzählt der Film vom Phänomen „Lichtnahrung“, von der unglaublich klingenden Tatsache, daß es Menschen gibt und offensichtlich schon immer gegeben hat, die keine Nahrung im klassischen Sinne brauchen. (https://www.amanfangwardaslicht.at/filminhalt.html)
6 E. E. Mowers, M. N. Sharifi, K. F. Macleod: Autophagy in cancer metastasis. In: Oncogene. September 2016, doi:10.1038/onc.2016.333, PMID 27593926
7 https://de.wikipedia.org/wiki/Autophagozytose
8 https://www.klartext-nahrungsergaenzung.de/wissen/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/jungbleiben-mit-spermidin-51804